META-Studie: „Zur Berichterstattung über Auskunftspersonen in parlamentarischen Untersuchungsausschüssen“

Werden Persönlichkeitsrechte von Auskunftspersonen in U-Ausschüssen hinreichend geschützt?

Dieser Frage gingen wir als Full-Service-Anbieter für Media Monitoring und Medienanalysen im Auftrag der auf Litigation-PR spezialisierten Agentur Gaisberg Consulting nach. In einer umfassenden Untersuchung haben wir evaluiert, wie jene Auskunftspersonen, die medienrechtlich betrachtet als keine Personen von öffentlichem Interesse gelten, medial dargestellt werden. Dazu haben wir eine Vollerhebung in 17 verschiedenen österreichischen Printmedien zu 7 parlamentarischen Untersuchungsausschüssen seit 2006 durchgeführt. Insgesamt wurden 4.680 Artikel mit Erwähnung einer relevanten Auskunftsperson inhaltsanalytisch ausgewertet.

Die Untersuchung kann bestätigen, dass auch Auskunftspersonen, die keine Personen von öffentlichem Interesse sind, damit rechnen müssen, in der Berichterstattung namentlich genannt zu werden. Gemessen an der Gesamtberichterstattung zu den Untersuchungsausschüssen findet in 38% aller Artikel eine nicht-öffentliche Auskunftsperson Erwähnung. Dieser Anteil spitzt sich noch zu, wenn als Grundlage die Ladungslisten der Untersuchungsausschüsse herangezogen werden: 71% der vorgeladenen, nicht-öffentlichen Auskunftspersonen finden in der Berichterstattung zumindest einmal namentlich Erwähnung.

Diese Erwähnungen sind zudem häufig mit weiteren Beschreibungen und Darstellungen einer Person verbunden, die im Hinblick auf den Schutz von Persönlichkeitsrechten bedenklich und für den Ruf der Person potenziell schädlich sein können:

In 6% der analysierten Artikel werden die untersuchten Auskunftspersonen bildlich dargestellt und in 10% der Artikel in der Headline genannt.

In 61% der untersuchten Artikel sind zudem persönliche oder private Informationen über die Auskunftspersonen enthalten. Davon sind nicht alle medienrechtlich bedenklich, wie etwa berufliche Informationen. Einige Kategorien, wie Informationen zum strafrechtlichen oder zum finanziellen Hintergrund der Person, deuten allerdings doch auf mögliche Spannungsfelder zwischen dem Persönlichkeitsschutz und dem Informationsauftrag der Medien hin.

In 57% der untersuchten Artikel finden sich Darstellungen der untersuchten Auskunftspersonen, die sie in ihrem Charakter oder in ihrer Persönlichkeit beschreiben. Besonders häufig wird die Integrität der Auskunftspersonen angesprochen, wie kooperativ sie sich vor dem U-Ausschuss verhalten oder wie glaubwürdig die Auskunftsperson wirkt. Beschreibungen dieser Art fallen mit 53% mehrheitlich negativ aus und weisen auf das potenzielle Risiko für den Ruf einer ansonsten nicht-öffentlichen Auskunftsperson hin.

In 31% der Artikel finden sich implizit oder explizit geäußerte Vorwürfe an die untersuchten Auskunftspersonen. Mehrheitlich handelt es sich in so einem Fall zudem um passive Darstellungen der betroffenen Auskunftspersonen (64%). Das bedeutet, der Person wird im jeweiligen Artikel keine Möglichkeit eingeräumt, eine eigene Darstellung einzubringen.

Des Weiteren zeigt die Studie auf, dass der Umfang der Berichterstattung gerade während dem letzten der untersuchten U-Ausschüsse (Ibiza) deutlich angestiegen ist. Trotzdem sticht dieser Ausschuss nicht durch eine erhöhte Quote an namentlichen Erwähnungen von nicht-öffentlichen Auskunftspersonen hervor. Auch ein Vergleich der 7 untersuchten U-Ausschüsse verdeutlicht, dass keine steigende Tendenz dieser Quote zu beobachten ist. Ebenso wenig ist ein Anstieg der bildlichen Darstellungen oder der Headlinenennungen aus den Daten ablesbar. Diese schwanken zwar in einem gewissen Ausmaß von Ausschuss zu Ausschuss, im Zeiterlauf ist aber keine klar steigende Tendenz erkennbar.

Eine steigende Quote lässt sich hingegen bei persönlichen und privaten Informationen über die Auskunftspersonen ablesen. Waren in der Berichterstattung zum Polizeiaffären-Ausschuss 2008 nur in 11% der Artikel persönliche Informationen enthalten, so erhöhte sich diese Quote seither kontinuierlich und stieg beim Ibiza-Ausschuss 2019 auf 86% an. Die Quote an Artikeln mit charakterlichen und persönlichen Beschreibungen von Auskunftspersonen schwankt demgegenüber stärker, liegt aber seit dem zweiten Ausschuss zum Ankauf der Eurofighter 2017 immer über 50%. Auch die Quote an Artikeln, in denen Vorwürfe gegenüber nicht-öffentlichen Auskunftspersonen enthalten sind, ist stärkeren Schwankungen unterlegen, sodass keine steigende Tendenz festgestellt werden kann. Die deutlich höchste Quote weist hier der dritte Ausschuss zum Ankauf der Eurofighter 2018-2019 auf. In der Berichterstattung dazu enthielten 64% der Artikel Vorwürfe gegenüber nicht-öffentlichen Auskunftspersonen.

Die häufig im Raum stehende Annahme, der Schutz der Persönlichkeitsrechte spiele in der Berichterstattung zu Untersuchungsausschüssen immer weniger eine Rolle, kann durch die Untersuchung demnach nicht allgemein bestätigt werden. Vielmehr weisen die Ergebnisse der META-Studie darauf hin, dass Spannungsfelder zwischen dem Schutz von Persönlichkeitsrechten und dem Informationsauftrag der Medien bereits seit dem ersten der analysierten Untersuchungsausschüsse bestehen (Eurofighter 1; 2006-2007). Des Weiteren weisen die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchung darauf hin, dass auch Personen von nicht-öffentlichem Interesse, im Falle einer Ladung vor einen Untersuchungsausschuss, mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Öffentlichkeit stehen werden und dabei häufig auch wertenden Beurteilungen in der Berichterstattung ausgesetzt sind.

Autor: Valentin Sützl I Team Lead Media Analysis & Reporting
Tel.: +43 140 98 18 114
E-Mail: valentin.suetzl@metacommunication.com

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